E-Mails schreiben will gelernt sein

Ich bekomme täglich einige E-Mails. Manche Menschen bekommen sogar täglich einen großen Haufen E-Mails. Tonnen von digitalem Inhalt, die man allzugerne durchsieht, organisiert, druckt oder löscht, dabei sinnvolles von unsinnigem und die Familie von der Arbeit trennt.
Das ist häufiger leichter gesagt als getan, weil jede/r Dialog-PartnerIn sein oder ihr eigenes Verständnis davon hat, wie ein E-Mail auszusehen hat, wie lang sie sein wird oder wie originell der Betreff klingen soll.
Es ist immer mal wieder an der Zeit, daran zu erinnern, dass es sich lohnt, darüber nachzudenken, was denn das beste für dieses Medium ist um Konversationen und die anschließende Archivierung zu vereinfachen. Hier meine fünfzig Pfennig dazu.

Keine Anhänge anfügen von mehr als... sagen wir einem Megabyte

Klingt nach wenig, mh? Nicht, wenn man davon täglich zwanzig in seiner inbox findet. Es ist einfach nicht klar, wie jemand seine E-Mails checkt - in einem Browser, in einem E-Mail-Client wie Outlook, auf einem Telefon oder in einem Café. Sparen wir doch Bandbreite und nutzen Cloud-Dienste für größere Dateien, wie beispielsweise die Dropbox.

Signaturen auf ein paar Zeilen limitieren

Niemand braucht Signaturen, die länger sind als der eigentliche Inhalt. Und niemand möchte zum zwanzigsten Mal lesen, dass der E-Mail-Verkehr unsicher ist (was immer das heißt), Urheberrechte gelten, Vertraulichkeit obligatorisch ist und blah!

Höflich sein und in ganzen Sätzen, bitte.

Wussten Sie, dass im geschriebenen Dialog neutral gemeinte Formulierungen als negativ empfunden werden? Und selbst freundlich formulierte Sätze werden bestenfalls als neutral wahrgenommen. Also. Seien. Sie. Sehr. Freundlich. Immer. Nehmen Sie sich ebenfalls die Zeit, vollständige und sinnvolle Sätze zu formen. Das reduziert das Risiko von Missverständnissen dramatisch.

Ein Betreff, der so präzise wie nötig aber nicht zu lang ist

Sehen Sie den Betreff einer E-Mail wie die beschreibende Überschrift in einer Tageszeitung - wo es keinen Zweifel drüber gibt, was generell Sache ist. So können Sie auch nach Jahren die E-Mail hervorholen und direkt ausmachen, um was es in der Konversation ging. Ändern Sie den Betreff nicht, solange es immer noch um das gleiche Thema geht. Moderne E-Mail-Programme fassen anhand des Betreffs E-Mails zusammen und gruppieren sie. Sehr praktisch.

Manchmal ist es sogar sinnvoll, bei zwei völlig unterschiedlichen Themen zwei E-Mails zu versenden anstatt ein zweites wichtiges Thema in einem anderen Themenfluss zu "verstecken".

Ihre Nachricht wird durch "Prioritätsstufen" nicht schneller bearbeitet

Wie dringend, wichtig oder priorisiert Ihre E-Mail beim Empfänger / bei der Empfängerin ist, entscheidet diese/r selbst. Da hilft auch nicht das Einstellen einer Prioritätsstufe, wie sie in Outlook und Consorten für zu sendende Mails eingestellt werden kann. Als teilweise farbig markierte mehrfache Ausrufezeichen erscheinen sie unentfernbar nur aufdringlicher im Posteingang. Aufdringlicher, nicht wichtiger. Wenn es wirklich dringend ist (und jede kommunizierende Person sollte sich dieses Attribut ohnehin auf der Zunge zergehen lassen), nutzen Sie ein Telefon. Dort können sie nämlich sogar im besten Fall eine sofortige Beschäftigung mit Ihrem Anliegen erwarten.

"LG" ist eine Marke, kein Ersatz für eine Grußformel

Noch einmal: Zeit nehmen und vollständige Sätze formulieren. Dies ist der Punkt an dem Ihr Gegenüber spüren kann, was sie oder er Ihnen wert ist.

Endloses zitieren muss nicht sein

Redundante Systeme sind ja schön, aber die ewig lange Dialog-Historie in JEDER Antwort erneut entweder am Fuße - oder schlimmer noch VOR der Antwort - zu finden, ist vermutlich kein echter Gewinn. Wie gesagt, moderne E-Mail-Clients fassen Dialoge zusammen und haben so eine eingebaute Historie, die den Verlauf des Dialogs sichtbar und nachvollziehbar machen.

Rechtschreibung und Grammatik

Jaaa. Jaaaaaaa verdammt. Es ist wichtig, richtig und wir haben auch nicht mehr 1995, wo "alles kleingeschrieben" noch irgendwie hipp war. Außerdem: "Wir essen jetzt Opa" - Satzzeichen retten Leben.

Struktur: Überschriften, Absätze, Interpunktion

Alles, was über ein paar Zeilen hinaus geht, profitiert von zusätzlicher Strukturierung. Absätze fassen Sinnabschnitte zusammen. Überschriften machen die E-Mail leichter auf einen Blick erfassbar. Saubere interpunktion sorgt für einen verbesserten Lesefluss. Mehr als ein Satzzeichen am Ende des Satzes ist übrigens nicht zulässig!!!!!!!!111einself

Oh noes: Bilder, Animationen, HTML

E-Mails sind für Text gemacht. Nicht für Bilder (siehe Punkt eins) und bestimmt nicht für drehende @-Zeichen oder biertrinkende Smileys. Leider bieten dazu noch viele E-Mail-Anbieter und -Programme die Möglichkeit, so etwas wie "kreatives Briefpapier" (was immer an fertigen Vorlagen kreativ sein soll) und wilde Schriftarten zu nutzen. Tun. Sie's. Einfach. Nicht.

E-Mail-Programme lassen oft die Formatierung der E-Mail mit HTML zu - das sieht dann so ähnlich aus wie im Textverarbeitungsprogramm. Das kann hilfreich sein um mehr Struktur in den Inhalt zu bekommen - es kann nervig werden, wenn wilde Farben und Schriftarten dazu kommen. Sparsame Verwendung ist hier das Gebot.

Die Nachricht gehört in die E-Mail, nicht in den Anhang

Es gibt Momente, an denen Anhängen sinnvoll sind. Beispielsweise wenn ein Dokument so und nicht anders übermittelt werden muss - Urkunden, Rechnungen, Steuerbescheide. Die Information, die Kernnachricht gehört aber ebenfalls in die E-Mail. Immer. Anhänge sind flüchtig und können nicht automatisch durchsucht werden, E-Mails schon.

Namen korrekt schreiben

Nach meiner bescheidenen Meinung signalisiert nichts so deutlich ein "Ich schere mich nicht wirklich um Dich" wie ein falsch geschriebener Vor- oder Nachname. Besonders, wenn es ein einfacher Name ist oder der Tippfehler sich so sehr aufdrängt, dass man ihm von vornherein aus dem Weg gehen kann. Beispielsweise durch eine kurze Recherche. Fast immer befindet sich der Name des Dialogpartners irgendwo wieder. In der E-Mail vorher, in der E-Mail-Adresse, auf der Visitenkarte oder weiß der Henker wo.

Muss es wirklich eine E-Mail sein?

Zu oft wird man verführt, eine E-Mail zu schreiben - weil's so schön bequem ist. Zu selten stellt man sich die Frage, ob es wirklich das Medium der Wahl ist. Wenn es um komplexe Sachverhalte mit vielen Unbekannten geht, die nur vom Dialogpartner geklärt werden können - warum dann nicht ein Telefonat? Wenn es um Planung und Organisation geht - warum nicht ein Treffen? Wenn es um eine Botschaft geht, die nur zwei Zeilen einnimmt - es gibt auch noch Facebook, Chats, Kurzmitteilungen, Skype, Twitter,...

Für Regelfanatiker

Die Liste ist natürlich weder ein "must do" noch abschließend. Aber Gedanken zu diesen Punkten sind allemal sinnvoll. Wer noch ergänzende, kontrapunktierende oder bessere Ideen hat, kann sich gerne mit der Kommentarfunktion des Blogs anfreunden.