Barcamp, Foocamp, Nerdcamp
Ende März 2011. In der Unperfektstadt Essen an der schönen Ruhr werden 180 unperfekte Menschen gebarcamped. Augenzeugen müssen fassungslos mit ansehen, wie ein ganzes Unperfekthaus für diese Katastrophe in Mitleidenschaft gezogen wird. Und ich: mittendrin. Perfekt!
Angefangen hat alles mit einer Besuchsankündigung meiner wunderbaren Freundin und Ex-Kommilitonin Caro (@CarolinN). In Essen fände ein Barcamp statt und frau bräuchte eine Übernachtungsgelegenheit. Und man hätte bei dieser Gelegenheit noch ne Karte für den Sonntag für mich.
Was isse 'ne Dampfmaschin'?
Ein Barcamp ist was ganz seltsames. Irgendwie eine Konferenz, aber wieder auch nicht. Eine Vortragsreihe, aufgeteilt in Sessions, die wiederum nicht immer Vorträge sind. Ein Familientreffen ohne Verwandtschaft, Menschen mit Twitter-Namen auf der Brust und Macintosh-Produkten in der Tasche. Einfach schön.
Es ging also ums Web, um Smartphones, Coding, Gestaltung, Fotografie, Programmierung und all den ganzen Kram, den ich so gerne mache. Bei der spontan zugesagten Warm-Up-Party am Freitag des Wochenendes ergaben sich für mich erste surreale Momente: Menschen, deren Gedanken ich bereits bei Twitter verfolgen durfte, saßen plötzlich zum greifen nah am Nachbartisch. Es gibt sie also wirklich, diese Leute aus dem Internet.
Nerd ist nicht gleich Nerd
Es sollte sich an diesem Abend noch herausstellen, dass selbst Caro bei bestimmten Themen die Ohren zumacht. Mit Maik (@fernmuendlich) und Christopher (@JohnnyThan) in Gespräche über Overflows, Drupal, font-size und Lieblingskunden vertieft, suchte die Journalistin bei der Steph (@DieSteph) Konversation mit weniger Gefasel. Sie verriet mir aber, dass sie sich von unserem Sprachcode seltsam fasziniert fühlte.
Dabei sein ist alles
Da mein Ticket für das Barcamp nunmal nur für den Sonntag galt, hatte ich am Samstag Gelegenheit, mich um ganz andere Dinge zu kümmern. Gleichzeitig brachte die Twitterwall mit dem Hashtag #bcruhr4 das Barcamp in meine vier Wände. Man kann sich das so vorstellen: Während des ganzen Ablaufs in Essen wurden zahlreiche Tweets von den Teilnehmern abgesetzt und mit dem Schlüsselbegriff "bcruhr4" gekennzeichnet. Ich glaube, die Tweetpflicht bei solchen Veranstaltungen ist mittlerweile gesetzlich verankert. Meine Twitterwall tat also nichts weiter, als mir alle Tweetnachrichten, die diesen Schlüsselbegriff benutzten, anzuzeigen. DSF is'n Witz dagegen. Denn:
Ich bin Gunnar, XING-Spezialist, SEO-Berater und verkaufe Heilkristalle.
Gunnar bei der Vorstellungsrunde auf dem BarCamp Ruhr 4
Einschulung
Am Sonntag ging es dann für mich los. Einchecken, T-Shirt abholen, Vorstellungsrunde verpassen, Session-Planung mitmachen. Und da der Hunger trieb und das Essen in dieser essener Bar so unheimlich essbar ist, musste dann auch direkt die erste Session dran glauben. Im nächsten Block wurde es zum Thema Creative Commons und Urheberrecht bei Manuel (@Schmutte) interessant. Quintessenz:
Bildrecht is a bitch und Creative Commons zwar 'ne geile Sache, aber dank deutschem Recht voller Tücken
via @CarolinN
Das Tolle an Barcamps ist ja, dass eine Session zwar etwas mit dem Themenschwerpunkt zu tun haben sollte, aber nicht zwangsläufig muss. Caro und Antonia (@quelltexterin) ließen sich zu einer Session hinreißen, die sich "Bring den Nerd zum Tanzen" schimpfte. Ich und auch ein paar sensationsgierige Kameraobjektive waren dabei. Mein Peinlichkeit-o-meter allerdings habe ich zum Glück vorher an der Tür abgegeben und laut Andreas (@ScottyTM) ist das Recht am eigenen Bild notwehrfähig. Dennoch: trotz erfolgreichem Memphis-Gruppen-Line-Dance bezahlte ich meine Leichtsinnigkeit mit einem gezerrten Wadenmuskel.
In den Sonnenuntergang reiten
Großartigerweise war das Wetter an diesem Wochenende in Essen zu Haus. Auf der Dachterrasse des unperfekten Etablissements wurden Barcamper und Nicht-Barcamper von wohlgesonnten Sonnenstrahlen wohl gesonnt. In der Abschlusssession, die diesen Genuss zum Glück nur temporär unterbrach, einigte man sich darauf, demnächst auf weniger gutes Essen zu achten. Verständlich, hieß es doch zwischenzeitlich:
Das #bcruhr4 ist super, aber dieses viele Gelaber zwischen den zwölf Mahlzeiten ist etwas anstrengend.
via @dantz
Achja, und mich gab's aufm Dach dann auch nochmal, akustisch, ungestimmt und plagiatös. Aber hey, ich bin Rockstar, ich darf das.
Ich wurde gebarcamped!
Für mich war das ein großartiges Wochenende. Nicht unerwähnt bleiben soll hier Stefan (@hirnrinde), dem als Chef vonns Ganze diese Veranstaltung wirklich gelungen ist.
Die oben erwähnten Kameras wurden im Übrigen durch ein chices Mikrofon ergänzt, das auch das ein oder andere Gespräch (oder Gejaule) auditiv festgehalten haben muss. Anno jetzt stehen Zusammenschnitte und Podcasts noch aus. Doch die sind bestimmt schneller in meiner Timeline als die Kompensation der mich völlig überrumpelnden Zeitumstellung.