Gutes Design funktioniert nicht ohne Ziele

Design macht einen Großteil der Arbeitszeit vieler Webworker aus. Auch wenn in manchen Fällen ein wahres Kunstwerk entsteht, ist der Ansatz des Screen-, Web- oder Grafikdesigns doch ein grundlegend anderer als der eines künstlerischen Schaffens. Und das ist für kommunikative Bereiche auch enorm wichtig.

Gutes Design funktioniert nicht ohne Ziele

Design ist keine Kunst um ihrer selbst willen

Niemand würde der Gestaltungsbranche ihre künstlerischen Eigenschaften absprechen. Aber sie unterscheidet sich von "der Kunst", die um ihrer selbst willen gestaltet wird: sie hat immer eine Botschaft zu übermitteln. Und nicht selten macht sie es sich auch zur Aufgabe, eine ganz bestimmte und sehr konkrete Reaktion beim Publikum auszulösen. Zum Beispiel das Kaufen eines Produkts. Oder der Griff zum Telefonhörer.

Gerade im modernen Webdesign steht der funktionale Ansatz im Vordergrund. Das Bauhaus-Prinzip greift: Die Form folgt der Funktion. Und diese Funktion ist idealerweise klar umrissen.

Warum gestalten wir überhaupt?

Sie wollen also eine coole Website? Gerne. Und warum? Weil Sie jemandem gefallen wollen - nämlich ihrem Publikum. Und wieso? Weil sie das Publikum an sich binden möchten, damit es ihre Produkte kauft. Aha. Tja, dann werden wir mal schauen, wie wir das in einem überwiegend visuellen Medium gestalterisch erreichen können.

Wir gestalten also eigentlich keine Website, sondern eine Funktion. Wir definieren Botschaft, Ziel und Zielgruppe und gestalten dahingehend ein Mittel zum Zweck. Es fällt auf, dass in diesem Prozess die Aussage und der Inhalt im Mittelpunkt stehen und Layout, Farben, Typographie und Bilder "nur" Werkzeuge sind.

Der Webdesigner Ben Hunt bringt das anschaulich auf den Punkt:

Gestalte den Inhalt, nicht die Box, die ihn beinhaltet
Ben Hunt in Save the Pixel

Definieren Sie Ziele und halten Sie sich daran

Wer anfängt, an einem Design nach und nach immer wieder kleinere Verschlimmbesserungen vorzunehmen, läuft Gefahr, die eigentliche Absicht hinter der Gestaltung aus den Augen zu verlieren. Auch mir passiert es, dass ich mich während der Entwicklung für irgendwo anders aufgegriffene Elemente begeistere und diese am liebsten direkt in mein aktuelles Design einbauen möchte. Ob sie wirklich dem Gestaltungsziel zuträglich sind, steht dabei leider auf einem anderen Blatt.

Helfen kann dabei die (schriftliche) Festlegung der Designziele. Fragen Sie sich zu beginn des Prozesses nicht, wie die Website aussehen soll. Fragen Sie sich lieber, welche Reaktion das fertige Produkt auslösen wird. Wie wird man über die zukünftige Website reden? Zäumen Sie das Pferd von hinten auf und gehen sie immer davon aus, dass der Inhalt der Website die Aussage trägt und das Design diese Aussage gefälligst zu hundert Prozent zu unterstützen hat.

Nicht alles ist für jeden gleich wichtig

Es mag ja sein, dass Ihre Website in eine bestimmte Kategorie fällt - sie kann zum Beispiel ein Blog sein, eine Verkaufsplattform oder eine Werkgalerie. Vergleiche zu anderen Auftritten sind dann obligatorisch. Aber nur, weil ähnlich positionierte Webauftritte bestimmte Ziele verfolgen, müssen das nicht die Ihren sein. Blinde Übernahme nach dem Motto "so macht man das heute" ist kein Königsweg.

Beispiel: Ich pflege hier einen Blog. Aber ich habe mich dagegen entschieden, meine Seitenlseiste Blog-typisch mit Monatsarchiven oder Tags zu dekorieren, denn dafür fehlt mir zum einen die entsprechende Frequenz, welche die Monats-Archive rechtfertigen würde, und zum zweiten verwende ich überhaupt keine Tags. Jedenfalls noch nicht. Zwar ordne ich meine Artikel auch nach Datum, stelle diese Information aber nicht in den Vordergrund, da ich meine Artikel zum einen nicht tagesaktuell und zum anderen auf Nachhaltigkeit orientiert schreibe.

Ich breche damit und mit anderen Dingen einige Konventionen eines klassischen Blogs zugunsten meiner Botschaft und meines Publikums.

Auf der anderen Seite reichere ich mein Design an, um es zweckdienlicher zu machen, nicht hübscher. Der auf den Haupt-Seiten grün abgegrenzte Bereich ist auffällig, weil er die wichtigsten Informationen beinhaltet. So lässt sich bereits beim Querlesen, im Netz auch "scanning" genannt wichtiges von zweitwichtigem Unterscheiden.

Ich gestehe, nicht jedes allerletzte Element einer Website lässt sich Ad Hoc einem Zweck zu ordnen. Einiges entsteht auch aus einem allgemeinen Funktions- und Gestaltungsverständnis heraus - oder tatsächlich auch, weil es der Ästhetik zuträglich ist. Aber selbst dann kann es nur gut sein, wenn es die Emotion unterstützt, welche die Website auslösen soll. Und das geht nur, wenn über Inhalt und Botschaft ein Ziel definiert ist.

Jeffrey Zeldman darf zum Abschluss mit einer viel zitierten Aussage erhalten:

Inhalt geht dem Design voraus. Design ohne Inhalt ist kein Design sondern Dekoration.
Jeffrey Zeldman via Twitter